Heute Vormittag bin ich schon wieder „übersiedelt“ – zwei Tage in Savudrija haben diesmal gereicht. Ein paar nette Orte, die ich bei früheren Aufenthalten gern besucht habe, gibt es so nicht mehr… Eine einfache Bar am Hafen ist jetzt ein „schönes“ Restaurant, eine nette kleine Strandbar ist zur schicken Cocktailbar mutiert (was nicht heißt, daß ich nicht auch mal einen Drink in einer hübschen Bar genießen kann) und vor allem: die Natur wirkt auf mich ausgelaugt, die Naturwesen haben sich wohl bei all dem Ansturm sonnen- und meereshungriger Touristen wer weiß wohin zurückgezogen.
Nun ja, diese Sehnsucht nach dem Süden, nach dem Meer hab ich ja auch in mir – ich glaub, ich bin schon damit auf die Welt gekommen! Zum Glück hatten meine Eltern auch diesen inneren Zug runter in den Süden (sie sind ganz allgemein gerne gereist) und so durfte ich schon als Kind jeweils ein paar Wochen im Sommer mit ihnen am Mittelmeer sein, vor allem in Yugoslawien und zweimal sogar in Griechenland!
Damals – bei der Anfahrt zum Meer, zum Beispiel nach Triest – hab ich voller Vorfreude und Ungeduld geschaut und geschaut, konnte es kaum erwarten, bis endlich das Meer in der Ferne zu sehen war! Dann hat mein Herz einen Freudensprung gemacht! Und so ungefähr geht´s mir auch heute noch! Damals – vor bald 60 Jahren (!) war ja alles noch ziemlich ursprünglich und echt – der Tourismus war noch in der Anfangsphase, abgesehen von einigen älteren, meist sehr schönen Hotels für die „oberen Zehntausend“…
Und heute? Hier in Istrien (außer vielleicht ganz im Süden der Halbinsel) hat die Tourismusmaschinerie voll und ganz zugeschlagen, sich jeden Pinienwald, jedes Stück Küste einverleibt.
Hier also bin ich – ich, die fast immer (so gut´s eben geht), abseits der großen Touristenströme unterwegs ist – voll im Mainstream und ich merke, daß das eigentlich nicht mehr geht, daß da nicht wirklich Freude aufkommt… sondern immer wieder bin ich ziemlich irritiert, was mit diesen wunderschönen Küsten passiert ist… eine Bespaßungsanlage nach der anderen und jedes Mal wenn ich hierherkomme, finde ich noch mehr Wiesen und zerklüftete Ufer zubetoniert! Wir leben offensichtlich im Beton-Zeitalter!
Ist das eine zu negative Sicht? Ich weiß nicht…
Ich merke nur, wie essentiell wichtig es mir ist, echte, seelenvolle Orte und ebensolche Menschen zu finden!
Tatsächlich hab ich heute Nachmittag so einen Ort gefunden – eine kleine einfache Bar an einem Schotter- Strand (ohne Beton!) Ein paar Tische und Sessel unter schönen alten Bäumen, ein wunderschöner Ausblick auf´s Meer, eine freundliche Kellnerin – that´s it, wunderbar!
Hier bin ich stundenlang gesessen – hab gelesen, geschrieben, auf´s Meer geschaut und endlich innere Ruhe gefunden!
Danke, daß es solche Orte doch noch gibt – kleine beseelte Oasen inmitten der Tourismus-Industrie-Wüste – und ich vertraue darauf, daß es sie immer geben wird für Menschen wie mich und daß wir sie immer finden und wir uns dort finden werden! Und auch, daß wir solche Orte und Räume erschaffen können!
Jede Seele – da bin ich nun wieder sicher – findet und „erfindet“ auf dieser schönen Erde das, was sie braucht, was ihr guttut, was zu ihr gehört, womit sie in Resonanz gehen kann!
Und – das erfahre ich immer wieder auf meinen Reisen – es sind immer wieder andere Orte! Wiederholungen funktionieren oft nicht, Erwartungen werden ent-täuscht… Ein Ort, der neulich für mich gut und wichtig war, ist es nicht automatisch auch jetzt wieder…
Das Gute dabei: so bleiben wir wachsam, achtsam und werden an neue Orte gelockt, denen wir – umgekehrt – vielleicht/hoffentlich auch guttun!
Immer immer wieder geht´s darum, gut hinzuspüren, was für mich passt und stimmig ist und was nicht! Und das, was sich nicht gut anfühlt, einfach zu lassen und meine Fühler auszurichten auf das, was sich echt und gut anfühlt!
Dabei fällt mir wieder Eva Denk ein, wie sie sagt: „…Wir sind wie in einem Zwischenstopp zwischen zwei großen Reisen und es gilt herauszufinden, was wir wirklich auf die kommende große Reise mitnehmen wollen… wie und mit wem wir denn weiterreisen wollen!?…“ Das „Wohin“ sei derzeit noch gar nicht so das Thema, meint sie.
Genau, damit kann ich grad sehr viel anfangen! Und irritiert zu sein von etwas, das nicht mehr passt, ist wohl genau richtig und es ist wichtig, dazu zu stehen. Und nicht mich dauernd zu fragen: „Was hab ich denn bloß? Wieso kann ich dieses und jenes nicht einfach genießen?“ Weil´s nicht zu mir passt! Punkt!
Und dieser riesige Campingplatz mit so viel Beton und voller Menschen, die so ganz anders drauf sind, der passt ja gar nicht wirklich!
Und dann gegen Abend – zurück bei meinem eigentlich sehr schönen, geräumigen Stellplatz (ich hab diesen Platz wegen zweier Olivenbäume, die ich so liebe, gewählt!) setze ich mich gemütlich hin und höre auf einmal wunderschöne Klänge von einer Handpan! Ich gehe den Klängen nach – zum zubetonierten Strand und sehe eine Frau dieses tolle Instrument spielen, daneben ihr Mann, ein lieber Hund und zwei Gläser mit Rotwein… ich lasse mich in der Nähe nieder und lausche ganz bezaubert, während die Sonne in glühendem Orange ins Meer sinkt…
Ich fühle mich reich beschenkt und meine eben gewonnene Meinung und Überzeugung („solche Campingplätze sind nix für mich…lass es…“) wird wieder aufgeschüttelt und relativiert… alles kann alles Mögliche sein… nur keine fixen Zuordnungen und Verallgemeinerungen… Ok, ich hab´s verstanden – wieder mal!
Ich bin dann zu den beiden hingegangen, um der Frau zu sagen, wie schön ich ihr Spiel finde und um ihr Danke zu sagen… daraus hat sich ein feines, längeres Gespräch ergeben, auf gleicher Wellenlänge und: sie sind meine Nachbarn hier am Campingplatz, die mit der Salzburger Autonummer!
Noch ein witziges Detail: ich hab ihn beim Ankommen gegrüßt und er hat nicht reagiert; sofort war da der Gedanke: ach, diese muffigen Salzburger! Dabei hat er´s einfach nicht gehört und im Gespräch hat sich gezeigt, daß er eh ganz sympathisch ist! Sooo schnell, die Vorurteile, Urteile, Wertungen, Meinungen… und wie gut, wenn sie aufgemischt und entkräftet werden!
Danke für diesen vollen, interessanten Tag!