Das Sinkelied

Auf der Suche nach einem bestimmten Text in meinem Laptop ist mir dieses Gedicht untergekommen, das ich vor 13 Jahren in der Adventszeit geschrieben habe. Viele meiner früheren Texte finde ich mittlerweile überholt, aber dieser passt mir immer noch:

Du, Reisende! Schöne!

Wanderin durch den Jahreskreis

Durch dreizehn Monde

Ringe bildend wie ein Baum.

Spät ist´s geworden, sagst du

Und nickst unverfroren.

Es rappelt der Wind.

Lass sinken, sink

Das Becken schwer, ah!

Tief rab, rab in die Dunkle Zeit.

Du, Reisende! Schöne!

Senk ab, gut gut

Dein Blut in die Wurzeln

Wurzelblut

Dein Blutwurz-Geruch

Im trauten Moder von Laub.

Singend sinkst du

Wallendes blindes Sinkelied

Sinkendes blutvolles Liebeslied

Liebe sinkt und singt

Der Dunklen Zeit.

Du, Reisende! Schöne!

Deine Blätter verfliegen…

Ja, sagst du

Ich öffne Arm um Arm

Und Hand um Hand.

Rab die dürre Buntheit

Rein in die Schürze der Großen Einen

Nun die EInkehr, Heimkehr

Du, Reisende! Schöne!

Hier in der Stille

Bein an Gebein

Karge Wahrheit, die sagt:

Was ist, ist.

Was bleibt?

Was bleibt, sinkt

Singt das Sinkelied

Das magenta-farbene Liebeslied

An die Dunkle Zeit.

Dezember 2010