Eine interessante kleine Begebenheit

Gestern habe ich einen Zettel wiedergefunden, auf dem ich etwas, das ich vor einiger Zeit erlebte, notiert hab. Nachdem es mir immer noch stimmig vorkommt, nun also hier die kleine Geschichte:

Mit Hilfe von Wasser, genauer gesagt mit Hilfe eines wochenlang tropfenden Wasserhahnes hab ich etwas gelernt! Trop tropf tropf… um das Tropfen abzustellen, hab ich den Hahn immer noch fester zugedreht – ohne Erfolg. Schließlich bitte ich doch „meinen“ netten Handwerker, die Sache in Ordnung zu bringen. Er kommt, dreht ein bißl herum, auf zu auf zu und zeigt mir dann: alles wieder ok, kein Tropfen mehr! Ich bin erstaunt: „was hast du gemacht?“ „Ach“, sagt er, „ich hab nur den Hahn weit aufgedreht, dabei kann sich die Dichtung erholen und tut wieder, was sie tun soll: abdichten!“ Das Ganze dauert keine fünf Minuten und seither ist alles bestens, leichtes Zudrehen genügt, alles dicht!

Ich hab das Gefühl, dabei mehr gelernt zu haben als diesen „Installateur-Trick“; es scheint mir wie eine Metapher: da ist ein Problem und du kannst es nicht lösen, indem du mit Anstrengung und Krampf dagegen vorgehst (immer fester zudrehen); es löst sich auf paradoxe Weise, indem du dich entspannst, dem Problem entgegenkommst (den Hahn weiter aufdrehst), dich öffnest anstatt dich fester zu verschließen!

Bin sehr angetan von dieser Begebenheit, sie passt so gut ins große Bild („Die Zeit des nutzlosen Kämpfens ist vorbei!“). Und dazu fällt mir nun auch Charles Eisenstein (den ich sehr schätze) ein und was er in seinem Blog und in seinen Büchern schreibt – z.B. über die Klimakrise und über einen – in seinen Augen eher schädlichen Aktivismus. Er entwirft das Bild eines Labyrinths (als Metapher für unsere globale verfahrene kritische Situation), in dem ein Mensch gehetzt herumirrt und immer wieder ansteht, also den rettenden Ausgang einfach nicht finden kann. Irgendwann ist er so fertig, daß er innehalten muss und da ist ihm, als würde er eine feine leise Musik hören; er fängt an zu lauschen, geht der Musik nach, nun viel langsamer als vorhin und entdeckt neue Möglichkeiten, an denen er zuvor vorbeigerannt ist. Immer wieder hält er inne, versucht die Musik zu hören und ihr nachzugehen und so erreicht er schließlich den ersehnten Ausgang des Labyrinths.

Die feine Musik – wohl ein Sinnbild für den Ruf einer tieferliegenden Wahrheit und Schönheit, für den Ruf des Lebens!